Gluthitze am Samstag, Sonne und Gewitter am Sonntag / Zelt geflutet
Ein solches Schützenfest hat es noch nicht gegeben. Gestern am frühen Abend setzte ein fast halbstündiger Sturzregen ein, der die Treppe hinunter zum Festzelt in einen Wasserfall verwandelte und das Festzelt flutete. Schützen und Gäste nahmen es mit Humor, wischten nach Kräften, tanzten und überlegten bereits, ob man nicht kurzerhand das Freibad an den Steinbült verlegt werden sollte.
Draußen vor dem Zelt wurde eine Brücke mit Stühlen gebaut, denn auch der Platz versank in Wasser und Matsch. „Wir werden in die Annalen eingehen“, das war sich König Eike Kramer sicher. „Selbst das Wasser hat uns besucht.“ Die Lagenser Freunde liefen kurzerhand barfuß und alle hatten an diesem kuriosen Abend dennoch eine Menge Spaß – wenn auch einen sehr feuchten.
Das andere Extrem erlebte das Jubiläums-Schüztenfest am Samstag. Selbst der nasse Waschlappen, den Ehrenoberst Dieter Kochsiek in weiser Voraussicht eingesteckt hatte, konnte nur kurzzeitig für Abkühlung sorgen. Ordentlich ins Schwitzen kamen die Oerlinghauser Schützen bei glühender Sahara-Hitze. Gestern machten Gewittergrollen und Regengüsse zumindest beim großen Festmarsch durch die Stadt Pause. Sonnenstrahlen begleiteten das Königspaar Eike Kramer und Nicole Sölter bei ihrer Fahrt in der von zwei Schimmel gezogenen historischen Kutsche.
In blankgewienerten Cabrios folgten das Bierkönigspaar Udo Grothklags und Claudia Schüler sowie die Throndamen. Auch sie trugen, wie die Königin, zünftige Dirndl. Begleitet wurde der Zug von einer Abordnung des Reitvereins Lippische Rose, dessen Vorsitzender der König des Jubiläumsjahres ist. Weil die Oerlinghauser Schützengesellschaft das 425-jährige Bestehen feiert, stehen vier statt drei Feiertage auf dem Programm. Das auszuarbeiten und zu organisieren war mit immenser Vorarbeit verbunden. Das Ergebnis aber lohnte die Mühen allemal. „Einmalig und ergreifend“ sei der Zapfenstreich am Freitagabend auf dem Rathausplatz gewesen, sagte der 1. Vorsitzende Kristian Hoffmann beim Empfang von Stadt und Schützengesellschaft im Bürgerhaus. Wünsche seien bereits laut geworden, es doch immer so zu machen. „Schauen wir mal.“ Vielleicht bleibt dieser Abend aber auch als ein besonderer zum Jubiläum im Gedächtnis. Der Sonntag in jedem Fall.
400 Jahre jung geblieben, so heißt ein Buch der Schützengesellschaft. Auch 25 Jahre später seien die Schützen „eine lebendige und aktive Gemeinschaft“. Zwar habe die Tradition nach wie vor einen hohen Stellenwert, „aber es ist auch wichtig, anpassungsfähig zu sein“. Kristian Hoffmann kündigte an, dass deshalb bald Bogenschießen angeboten wird. Auch eine neue Halle soll gebaut werden. Dass die Schützengesellschaft so gut dastehe, sei kein Wunder, betonte Bürgermeisterin Ursula Herbort, die zahlreiche Ehrengäste begrüßen konnte. Vielmehr seien die Zeichen der Zeit früh erkannt und die junge Generation rechtzeitig eingebunden worden.
„Wir arbeiten an der gemeinsamen Sache“, bestätigte Kristian Hoffmann. Die Schützen seien insbesondere für die Spaßkomponente zuständig. Wie die aussieht, das können die Besucher heute Morgen erleben. Wenn sie denn schon wieder trocken sind. Noch vor dem ersten Hahnenschrei treffen sich Thron und Juxtruppen in der Stadt, um aktuelle Themen humoristisch aufzubereiten. Erste Hinweise waren gestern bereits zu sehen. Nicht ganz so gut besucht wie erhofft, war der Samstagabend, dennoch tummelten sich rund 2.000 Besucher vor allem vor dem Festzelt, in dem die Top-40-Band „Grace“ spielte. Hitze und Sommerferien waren wohl der Grund, warum einige diesmal nicht dabei waren. Dem Vernehmen nach lief alles ruhig ab. Um 4.30 Uhr wurden die Türen hinter dem letzten Gast geschlossen.
Quelle: Neue Westfälische