Das Kinderschützenfest verbindet Generationen

Zuletzt aktualisiert am 26. Juni 2025

Seit 1925 steht in der Bergstadt einmal im Jahr der Nachwuchs im Mittelpunkt. Günter Tyzack blickt auf ein Jahrhundert voller Geschichten, Engagement und Kinderlachen zurück.

Wenn sich Günter Tyzack durch sein umfangreiches digitales Fotoarchiv klickt, kann er beinahe zu jedem Bild etwas erzählen. „Hier ist eine Aufnahme vom ersten Umzug des ersten großen Kinderschützenfestes im Jahre 1925, der gerade die Holter Straße entlangmarschiert“, sagt der 76-Jährige und zeigt auf die Person ganz vorne auf dem schwarz-weißen Foto: „Das ist Wilhelm Plaßmann, der erste Vorsitzende des Unteroffizierskorps, das seit 100 Jahren das Kinderschützenfest in Oerlinghausen organisiert.“

Prägende Figuren des Kinderschützenfestes

Tyzack muss es wissen. Denn jahrelang gehörte er selbst zu einer der prägenden Figuren der Traditionsveranstaltung, die seither besonders die kleinen Besucherinnen und Besucher in den Fokus rückt und seit 1925 nicht mehr aus dem Veranstaltungskalender der Bergstadt wegzudenken ist. Von 1999 bis 2011 war der heute 76-Jährige selbst Chef des Unteroffizierskorps der Oerlinghauser Schützengesellschaft, dem er nach wie vor als Ehrenvorsitzender angehört. „Das Kinderschützenfest war mir persönlich wie vielen anderen engagierten Mitgliedern immer ein großes Anliegen“, sagt Tyzack.

Dabei hatte es bereits seit 1900 Kinderschützenfeste in Oerlinghausen gegeben, die allerdings meist lose voneinander als Straßen- oder Nachbarschaftsfeste ausgetragen wurden. Schon damals waren Wilhelm Plaßmann und seine Frau Berta bei der Organisation ganz vorne mit dabei. Und so lag es auf der Hand, dass ab 1925 das von Plaßmann geführte „Uffz-Korps“ die Ausrichtung des ersten „großen“ Kinderschützenfests übernahm.

„Seither hat sich der Grundcharakter wenig verändert“, weiß Günter Tyzack. Das Fest beginnt stets am Sonntag vor dem „großen“ Schützenfest mit einem Antreten (auf dem Rathausplatz), gefolgt von einem vom Kinderthron angeführten Festmarsch durch die Stadt bis hin zum Schützenplatz. Dort haben die Unteroffiziere zig Spielstände aufgebaut, an denen sich die Mädchen und Jungen den ganzen Tag lang vergnügen können. „Früher gab es beispielsweise Sackhüpfen, Eierlaufen oder Tauziehen – heute haben wir Torwandschießen, Entenangeln, eine selbstgebaute Kegelbahn, den „Heißen Draht“ und viele andere Angebote dabei“, berichtet Tyzack.

Hinzugekommen sind im Laufe der Jahre auch Attraktionen wie eine Hüpfburg oder verschiedene Karussells. Während die ersten Modelle noch von Hand betrieben werden mussten (Tyzack lachend: „Das war eine schweißtreibende Angelegenheit.“), drehen sie sich heute elektrisch. Seit Jahren wird das Karussell inzwischen von der „Mobilen Schützen Katastrophen Kolonne“ – kurz MSKK – gesponsert. „Alle unsere Juxtruppen unterstützen das Kinderschützenfest seit Jahren in besonderem Maße und in unterschiedlicher Weise. Eine ganz tolle Sache“, sagt Tyzack.

Aus eigener Erfahrung weiß er nur zu gut, was die Organisation eines solchen Festes mit sich bringt – ehrenamtlich wohlgemerkt. „Was meine Vorgänger wie Wilhelm Bernhardt und andere geleistet haben und mein Nachfolger Markus Höhne als Leiter des Unteroffizierskorps leistet, ist enorm.

Aber auch ohne unsere vielen engagierten Mitglieder geht es nicht – ob an den Spielständen oder bei der Bewirtung des Kinderthrons, um das sich seit Jahren mehrere Schützenschwestern kümmern“, betont Tyzack, der von vielen Highlights zu berichten weiß. Die große Tombola etwa ist jedes Mal ein Höhepunkt des Kinderschützenfestes. Denn jede Eintrittskarte ist gleichzeitig ein Los, die Nummern werden stets vom „alten“ Kinderkönigspaar gezogen – nachdem der neue Kinderthron proklamiert wurde. Der besteht aus den Mädchen und Jungen, die beim Kinderkönigsschießen die Insignien und den Holzadler selbst aus dem Kugelfang geschossen haben.

Jahrzehnte war das Schießen nur Jungen vorbehalten, seit mehreren Jahren dürfen auch die Mädchen mitmachen. „Eine längst überfällige Entscheidung“, hatte Oberst und Vorsitzender Christian Landerbarthold mehrfach betont.

Birte Holm war 1989 erste Kinderkönigin

„Dabei hatten wir schon viele Jahre vorher mal eine Kinderschützenkönigin“, weiß Günter Tyzack. 1989 hatte Birte Holm eigentlich nur einen ausnahmsweise einen Ehrenschuss abgegeben – und damit den Holzadler heruntergeschossen. „Sie war die erste Kinderkönigin“, sagt Tyzack.

Wie das Kinderkönigsschießen hat sich so manches an der Traditionsveranstaltung im Laufe der Zeit gewandelt. Im Jahr 2000 – zum 75. Jubiläum – waren beispielsweise erstmals die Cheerleader des TSV Oerlinghausen beim Umzug und beim Fest mit dabei. Damals unter der Leitung von Petra Baehr, heute unter der Führung von ihrer Tochter Katharina Krüger. „Eine tolle Bereicherung für unser Fest. Auch sie feiern in diesem Jahr 25. Jubiläum“, sagt Tyzack und betrachtet ein paar ältere Bilder in seinem digitalen Fotoarchiv.

Zahlreiche Bilder zeigen heutige Funktionsträger der Oerlinghauser Schützengesellschaft als Kinder – ob an den Spielständen, auf dem Fest selbst oder auf dem Kinderthron. „Wichtig war uns immer, dass wir einen Tag nur für den Nachwuchs gestaltet. Dass sich dieser Charakter des Kinderschützenfestes bis heute hält, ist wunderbar. Darauf können wir alle stolz sein und am 29. Juni nun ein tolles Jubiläum zum 100. Geburtstag feiern“, ist Tyzack überzeugt.

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