Zuletzt aktualisiert am 11. Mai 2015
Bergwächter besuchen den Wohnsitz von Charles und Camilla
Ihr Besuch in London war bisher der ungewöhnlichste Auslandseinsatz der Oerlinghauser Tönsbergwacht. Schließlich ist die Hauptstadt mit ihrem vergleichsweise flachen Höhenprofil keine wirkliche Herausforderung für die Juxtruppe der Schützen. Doch die Bergwächter waren nicht als Höhenretter dort, sondern als Gäste der in Bielefeld stationierten britischen Soldaten, mit denen sie seit Jahren eine innige Freundschaft pflegen.
Das 7 Transport Royal Logistic Corps (7 Tpt RLC) hatte jetzt die Ehre am Buckingham Palace, am St. James’s Palace und im Tower of London die Wache übernehmen zu dürfen. „Nur etwa alle 20 Jahre bekommt ein Regiment diese Gelegenheit“, erklärt Bergwächter Claudius Blume. Zusammen mit seinem Vater Wolfgang, Joachim Klostermeyer, Frank Adam und dem britischen Bergwächter David Owen war er der Einladung von Duncan Caps, Kommandeur des 7 Tpt RLC, nach London gefolgt.
Einen Tag vor dem offiziellen Programm hatten die Oerlinghauser bereits in Westminster Quartier bezogen, um die „Pub-Szene zu testen“, sagt Frank Adam. Fazit der pilsverwöhnten Deutschen: Die Kneipen sind urig und gemütlich, aber das Bier ist gewöhnungsbedürftig.
Gegen Mittag des folgenden Tages durften die Lipper der einstündigen Wachwechsel-Zeremonie am Buckingham Palace aus nächster Nähe beiwohnen. In ihren feinsten Anzügen schritten sie zusammen mit Warrent Officer Class II. Nick Hegarty, den die Bergstädter aus Bielefeld kennen, durch das große Tor des Wohnsitzes von Queen Elizabeth. Dabei wurden der Soldat in Gala-Uniform und die Deutschen von den vielen Touristen neugierig beäugt, die vor dem Tor auf den Beginn der Ablösung warteten. „Die müssen uns für Prominente gehalten haben, so wie die geschaut haben“, sagt Claudius Blume.
Nach dem imposanten Wachwechsel, bei dem abwechselnd zwei Militärkapellen Marschmusik gespielt hatten, bekamen die Bergwächter noch eine kurze Führung von Hegarty auf dem Palastgelände. Ins Innere durften sie nicht. „Bestimmt, weil die Queen nicht zu Hause war“, mutmaßen die Oerlinghauser scherzhaft.
Anschließend ging es in die Offiziers-Messe des St. James’s Palace, in dem auch Prince Charles und seine Frau Camilla wohnen. Als die Bergwächter die älteste Offiziers-Messe der britischen Armee betraten, fiel ihr Blick sofort auf die mit Silberbesteck und -tellern sowie zahlreichen Christallgläsern gedeckte Tafel. „Da mussten wir kurz nachdenken, welches Besteck man zuerst nimmt“, sagt Wolfgang Blume und lacht. Vor dem Essen gab es aber erst mal eine Runde Cocktails. Dabei bestaunten die Bergwächter die kostbaren Einrichtungsgegenstände der Messe. Ein Bild von Queen Victoria beispielsweise, auf dem sie kein schwarzes Kleid trägt. Oder eine gold-silberne Schnupftabakdose, die die Briten aus dem Huf des Pferdes von Napoleon gefertigt hatten. „Jede Einheit, die diese Messe mal benutzt, muss einen Gegenstand stiften“, erklärt Claudius Blume. „Das führt dazu, dass sogar auf den Klobrillen Schilder des Stifters angebracht sind“, scherzt Frank Adam.
Im Verlauf des Essens wurden, typisch britisch, mehrere Trinksprüche ausgebracht. Natürlich einen auf die Queen, aber auch einen auf Bundespräsident Horst Köhler. Dazu wurde abwechselnd Weiß-, Rot- und Portwein sowie Cherry gereicht. Die sogenannten Toasts hatte die jüngste Offizierin, Laura Walton, auszusprechen. Mit den Worten „Is it Merkel?“ hatte sie die Deutschen kurz zuvor noch nach dem Namen des Bundespräsidenten gefragt.
Nach dem Essen und weiteren Getränken („Es gab endlich wieder Cocktails“, sagt Wolfgang Blume schmunzelnd) verabschiedeten sich die Bergwächter zeitig zu ihrer Stadtrundfahrt. Major Dax Godderidge schickte Leutnant Laura Walton als Begleitung mit. Die organisierte auf dem Weg zum Ausgang noch zwei weitere Soldaten: Mit gezücktem Säbel und im Paradeschritt eskortierten diese die Gäste dann durch den St. James’s Park, verfolgt von den staunenden Blicken der Parkbesucher. An der nächsten Straße angekommen, organisierte Walton den Deutschen mit ihrem Säbel wedelnd ein Taxi, in das die Lipper im Blitzlichtgewitter der Kameras japanischer Touristen einstiegen. „Das war ’ne Nummer“, sagt Claudius Blume.
Gut in Erinnerung wird den Bergwächtern auch der Wachwechsel im Tower of London bleiben, der ältesten militärischen Zeremonie der Welt. Im Gegensatz zum Buckingham Palace dürfen bei der sogenannten Ceremony of the Keys auch Touristen ganz nah dabei sein. Allerdings ist die siebenminütige Wachablösung immer auf Monate im Voraus ausgebucht.
Anschließend wurden die Oerlinghauser in den Pub der Yeomen Warders, der Torwächter des Towers, eingeladen. Dort gab es zur Freude der Bergwächter das preiswerteste Bier in ganz London. Eine Randnotiz ihres Auslandseinsatzes, an den sich die kleine Reisegruppe noch lange erinnern wird.
Quelle: Neue Westfälische