Das reisende Königspaar

Zuletzt aktualisiert am 5. Juli 2016

Schützenfest: Ein echter Adler kreiste gestern über den Schützen und ihren Gästen. Heute Morgen steht nach dem Auftritt der Juxtruppen das hölzerne Exemplar im Mittelpunkt

Standesgemäße Fortbewegung: König Pit Jelen und Königin Sonja Böckmann sitzen nebeneinander in der Kutsche. Zahlreiche Zuschauer säumen die Strecke des Festumzugs durch die Bergstadt.

Standesgemäße Fortbewegung: König Pit Jelen und Königin Sonja Böckmann sitzen nebeneinander in der Kutsche. Zahlreiche Zuschauer säumen die Strecke des Festumzugs durch die Bergstadt.

Schon als Schüler wusste er, dass er eines Tages Schützenkönig werden würde. Vor zwölf Monaten hat sich der Wunsch von Hans-Joachim Jelen, den alle Pit rufen, endlich erfüllt. „Das ist mein Jahr“, hatte der neue Regent schon kurz nach dem entscheidenden Schuss angekündigt. „Und genau so ist gekommen.“

Ein „unglaublich schönes Schützenjahr“ habe man mit dem Thron erlebt. Gemeinsam mit seiner Königin Sonja Böckmann wird Pit Jelen als Königspaar in die Oerlinghauser Schützenannalen eingehen, das unglaublich viel unterwegs gewesen ist. Nicht nur bei befreundeten Vereinen, sondern auch beim Helpuper Dorffest war man vertreten. Und es gab sogar eine Thronfahrt in den Schwarzwald, „einen gigantischen Bindeabend und die Grün-Weiße Nacht“. Weil Pit Jelen früher bei der Marina war, hatte ihm der Thron ein Piratenschiff gebaut, das sich jetzt im Miniaturformat in der Königskette wiederfindet.

Nervosität vor dem großen Tag des Königspaares mit großem Festumzug durch die Stadt in der offenen Kutsche? „Nervös zu sein, dazu habe ich bisher noch gar keine Zeit gehabt“, sagt Pit Jelen. „Die vergangenen beiden Wochen waren intensiv, aber schön.“ Der König dankt Claudius Blume, der den Zapfenstreich am Samstagabend auf dem Feldherrnhügel geleitet hatte. Dass die deutsche Nationalmannschaft eine Stunde später im Europameisterschafts-Viertelfinale gegen Italien antreten musste und nach nervenaufreibendem Elfmeter gewann, als die Uhrzeiger bereits auf kurz vor Mitternacht standen, „gehört alles mit zu unserem Jahr dazu“, betont Pit Jelen.

Beides werde unvergessen bleiben. Wohl auch, dass beim Antreten der Schützenkompanien, Gäste und Musikgruppe auf dem Rathausplatz tatsächlich ein mächtiger Adler über dem Geschehen kreiste. Dass Böllerschüsse nach dem Rudelgucken auf dem Platz losgelassen wurden, wie manch ein Oerlinghauser vermutete, stimme nicht, betonte der Vorsitzende Christian Landerbarthold. Das müsse wohl irgendwo in der Stadt gewesen sein.

Landerbarthold konnte aber von einer guten und friedlichen Stimmung berichten. Die herrschte auch am gestrigen Sonntag beim Konzert auf dem Rathausplatz und beim von Sonne begleiteten Festmarsch. Aus der Kutsche heraus winkte das Königspaar den Oerlinghausern zu, die an den Straßenrändern warteten. Oberst Jens Hartmann hatte zuvor den Einsatz der vielen Helfer, die den Schützenplatz vorbereitet hatten, hervorgehoben. Den Gästen, die noch nicht Mitglied bei den Bergstädter Schützen sind, empfahl er: „Ich kann nur jedem ans Herz legen, Teil der Großfamilie zu werden.“

Dass die Schützen anpacken aber auch feiern können, erlebte erstmals Francois Werner, Bürgermeister der französischen Partnerstadt Villers-lès-Nancy. Insgesamt waren 16 Franzosen zu Gast. Ebenso wie der Oerlinghauser Bürgermeister Dirk Becker war sich sein Amtskollege sicher: „Wenn mehr Menschen an solchen Festen teilnehmen würden,  würde es Dinge wie den Brexit nicht geben.“ Die britischen Gäste David Keil und Steven Kipping von den „Freemen of the City of London“ konnten da nur zustimmen. Und Schützenbruder David Owen, der stellte unmissverständlich klar: „Ich bleibe.“

Dirk Becker, der auch Landrat Axel Lehmann begrüßen konnte, appellierte derweil an die Bürger, die demnächst in die Jugendherberge einziehenden unbegleiteten Flüchtlinge in der Mitte der Gesellschaft aufzunehmen und sie zu integrieren. Dazu könne sicherlich auch ein Schützenfest beitragen. Wer allerdings am Schützenfestmontag zum ersten Mal schon am frühen Morgen Männern mit riesigen Federn auf den Hüten gegenüberstehe, die in seltsamen Kostümen das Stadtgeschehen aufs Korn nehmen und dann verbissen auf einen Holzadler schießen, der frage sich womöglich schon, wo er denn hier gelandet sei.

Quelle: Neue Westfälische

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