Zuletzt aktualisiert am 14. Januar 2015
Du darfst ihn nicht bestechen“
Der Adler: Ohne den Vogel geht es nicht beim Kinderschützenfest. Malte Mester ist der erste Nachwuchsschütze, der ihn tragen darf.
Die Frisur tropft, das grüne Schützenhemd ist pitschenass, die Teilnahmekarte besteht nur noch aus feuchten Fetzen. Dauerregen beim Kinderschützenfest?
„Dashabe ich in der Formauch noch nicht erlebt“, sagt der 2. Vorsitzende der Schützengesellschaft, Christian Landerbarthold.
17 bis in die triefenden Haarspitzen motivierte Nachwuchs-Schützen halten beim Kampf um die Königswürde dennoch tapfer durch.
Insgesamt tummeln sich trotz des zum Teil sintflutartigen Regens 500 Kinder auf dem völlig durchweichten Schützenplatz am Steinbült. 50 Mitglieder des Unteroffizierscorps, die so viel Arbeit in die Vorbereitungen gesteckt hatten, mühen sich auch jetzt, holen große Schirme heraus, um ein bisschen Trockenheit zu schaffen. Nicht gen Himmel, sondern ausschließlich auf den hölzernen Vogel ist unterdessen der Blick einer Gruppe von Jungen zwischen 9 und 13 Jahren gerichtet. Regen hin oder her, dem Adler soll der Garaus gemacht werden.
Um 15.10 Uhr lässt Kilian Bunte mit dem 28. Schuss den Apfel purzeln und nimmt sich Hanna Hartmann zu seiner Prinzessin.
Nur 13 Minuten und 22 Treffer später fällt das Zepter. Niklas Mach ist der Glückliche und seine Prinzessin Lara Hemschik.
Großer Tag: Das noch amtierende Königspaar Luc Kaiser und Selina Dibella winken aus der Kutsche, die den Zug durch die Stadt anführt.
Nur die Krone, sie will und will einfach nicht fallen. Da können erfahrene Schützen noch so gute Tipps verteilen und die am Zaun stehenden Mädchen noch so sehr die Daumen drücken. Das Vieh wehrt sich nach Kräften. „Wenn das so weitergeht, überschreiten die ersten bald die Altersgrenze“, unkt ein Vater. Und die jungen Damen hoffen weiterhin, dass ihr Favorit den entscheidenden Schuss setzt. Sophie fiebert mit Henry, denn der „ist einfach perfekt“.
Emily „will“ Julius und unbedingt Kronprinzessin werden. Eine andere potentielle Kandidatin wird von der weiblichen Runde aufgeklärt: „Du darfst ihn nicht bestechen.“ Obwohl doch schon durchgedrungen ist, das eine es versucht hat: „Er muss mich nehmen, ich habe ihm fünf Euro gegeben.“ Nicht nur deshalb das leise Flehen in Richtung eines anderen Schützen: „Bitte, lass ihn den Adler nicht runterholen“ und das erleichterte „ja“. Als Christian Landerbarthold eindringlich dazu rät, sich doch schon einmal Gedanken über eine mögliche Königin zu machen, wird ganz ernsthaftüber gleichgeschlechtliche Varianten nachgedacht.
„Kann ich auch Moritz nehmen? Geht das?“, fragt einer. Geht nicht. Jedenfalls nicht einfach so.
Fabians Klamotten sind mittlerweile „durch. Die kann ich auswringen“. Henry vermutet, dass der Wind die Krone gleich ganz ohne Zutun von Munition herunter wehen wird, denn die hängt tatsächlich schon lange am seidenen Faden.
Erst mit dem vermuteten 244. Schuss ist der Jubel um 16.55 Uhr groß. Zum ersten Mal hat Philipp Düsterdiek teilgenommen und gleich die Königswürde errungen.
Nur eine Kronprinzessin, die gleichzeitig Königin sein wird, hat der Neunjährige noch so gar nicht im Auge. Mama hilft. Kurz vor der Proklamation entscheidet sich die künftige Königin doch noch einmal anders. Tränen fließen, und dann wird doch noch alles gut. Wer könnte besser in die Rolle der neuen Königin schlüpfen, als die Kronprinzessin von 2011? Lena Hoppe (10) sagt zu.
Der neue Thron steht und lässt sich wegen des immer noch nicht nachlassenden Regens ausnahmsweise im Festzelt feiern. Dort kümmert sich Karin Schäfer seit zwölf Jahren eigenverantwortlich um den Kinderthron und gibt ihr Amt nun an Irene Zimmermann ab.
Quelle: Neue Westfälische
