Seit 150 Jahren am Steinbült sesshaft

Zuletzt aktualisiert am 5. Juli 2019

Thorsten Kerkhoff, Christian Landerbarthold, Kaiserin Nicole Kramer, Bierkönigin Anja Salitter, Bierkönig Thomas Salitter, Kaiser Eike Kramer und Markus Höhne freuen sich auf die Schützenfesttage. Im Hintergrund ist der Stuhlkreis aufgebaut, in dem nach Arbeitseinsätzen Pause gemacht wird.

„Pause“, brüllt Thorsten Kerkhoff lautstark über das Schützengelände am Steinbült. Es ist Samstag, 16 Uhr, gerade ist der letzte Arbeitseinsatz der Oerlinghauser Schützen in diesem Jahr zu Ende gegangen. Nach und nach trudeln alle Helfer auf der unteren Terrasse ein. Dort stehen bereits zig Stühle in einem großen Kreis für den Abschluss bereit. Als Dank für den Einsatz spendieren der Thron um das Kaiserpaar Eike und Nicole Kramer und das Bierkönigspaar Thomas und Anja Salitter etwas zu Essen und Getränke als Einstimmung auf die anstehenden Festtage.

Genau so läuft es schon seit Jahrzehnten bei den Oerlinghauser Schützen, die in diesem Jahr auf ein besonderes Jubiläum blicken: Vor 150 Jahren wurde der Schützenplatz am Steinbült angelegt. Damals, im Jahre 1869, fand zum ersten Mal das Schützenfest dort statt. Zuvor war immer wieder an wechselnden Orten im Gemeindegebiet gefeiert worden.

Viele Jahre hatte das Schützenfest „unter den großen Buchen“ im Anschluss an den „Papagäu“ stattgefunden. Ein Gebiet auf der Nordseite des Tönsbergs, das heute in etwa zwischen Hermannstraße, Detmolder Straße, Jägerstraße und Röden liegt – so ist es in den Schützenchroniken überliefert. Doch als das Gelände nach und nach in Privatbesitz überging und besiedelt wurde, stand das Areal nicht länger zur Verfügung.

1850 und 1851 fanden die Schützenfeste auf einem kleinen Platz nahe der inzwischen abgerissenen Jugendherberge statt. Doch dieses Gelände war alles andere als ideal. Zum einen  waren da der beschwerliche Auf- und Abstieg. Zum anderen war das Areal sturmanfällig. Einmal sollen heftige Windböen die ganzen Zelte ins Tal hinabgeweht haben. Schon 1853 wurde wieder im Tal gefeiert – genauer gesagt im Menkhauser Bruche. Chronisten vermuten, dass der Festplatz in etwa dort gelegen haben muss, wo heute die Sporthalle des Schulzentrums steht. Doch im Laufe der Jahre mussten die Oerlinghauser Schützen immer höhere Pachtgebühren für das Gelände abdrücken. 1869 einigte man sich schließlich mit der Gemeinde auf einen Deal und tauschte den immer noch der Schützengesellschaft gehörenden Platz auf dem Tönsberg gegen das Areal am Steinbült. Nach dem ersten Fest dort im gleichen Jahr, begannen die ersten umfangreichen Arbeiten, um das Gelände dauerhaft herzurichten.

Das Wirtschaftsgebäude der Schützengesellschaft ist in den 50er Jahren entstanden.

Deshalb wurde das Schützenfest 1870 noch einmal an einem anderen Ort zwischen Marktstraße und Grüte – etwa dort, wo heute die Kita „Krümelkiste“ steht – abgehalten. 1872 wurden am Steinbült Linden, Kastanien und Akazien gepflanzt. Ein Jahr später kehrte das Schützenfest dorthin zurück. Seither ist es an keinem anderen Ort mehr gefeiert worden.

Im Laufe der Jahrzehnte hat sich das Aussehen des Schützenplatzes immer wieder verändert. Schon 1884 waren erste Versuche unternommen worden, das Gelände wegen der steigenden Teilnehmerzahlen an den Festen zu vergrößern. 1893 trat Emil Steinmeister vom Gut Menkhausen schließlich einen Teil seines direkt an den Schützenplatz angrenzenden Grundstücks an die Schützengesellschaft ab, das interessanterweise nach wie vor zu Lipperreihe gehört. Durch diese Schenkung konnten die Terrassen angelegt werden, die dem Oerlinghauser Schützenplatz noch heute sein einmaliges Flair verleihen. Seither wurde das Gelände immer wieder verändert, an die Anforderungen der Zeit angepasst, es wurden neue Gebäude errichtet oder ergänzt. Das gilt beispielsweise für den Schießstand, der im Lauf der Jahrzehnte mehrfach umgebaut wurde. Die letzte große Veränderung hatte es dort 1998 gegeben. 1995 war der Hochstand für das Adlerschießen in seiner aktuellen Form errichtet worden. 2006/07 hatten die Schützen das Wirtschaftsgebäude auf der unteren Terrasse erweitert und unter anderem die Toilettenanlagen vergrößert.

1973 war auf der oberen Terrasse eine Holzbaracke gebaut und fortan an Schützenfesten als Sektbar genutzt worden, die 1986/87 durch eine modernere Halle ersetzt wurde. Das „neue“ Gebäude hatten die Schützen gebraucht bekommen, was vorher in der Polizeischule in Stukenbrock-Senne gestanden hatte. Die Reste der alten Baracke waren laut Chronik verbrannt worden – sehr zur Freude der Anwohner. Im Jahre 2010 wurden die Schützen dann im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt: Wochenlang anhaltender Schneefall hatte das Dach der Halle zum Einsturz gebracht, woraufhin das Gebäude abgerissen wurde. Mehrere Jahre blieb die oberste Terrasse unbebaut, für die Sektbar an Schützenfesten wurde stets ein Zelt aufgebaut. Parallel starteten die ersten Bemühungen, eine neue Halle zu errichten. Spendengelder wurden gesammelt, Genehmigungen eingeholt, Finanzierungspläne erstellt und Skizzen sowie Modelle angefertigt. 2016/17 wurde der Neubau schließlich Wirklichkeit. Zum Familientag am 1. Mai 2017 weihten die Schützen das neue Prunkstück auf dem Schützenplatz ein. Ein Projekt, das nur dank vieler Spender und zahlreicher ehrenamtlich geleisteter Arbeitsstunden gestemmt werden konnte.

Die Betontreppen gibt es auch bereits seit den 50er Jahren.

Nur durch den uneigennützigen Einsatz vieler Mitglieder ist es möglich, den Schützenplatz jedes Jahr aufs Neue zu pflegen und in Schuss zu halten. Dreh- und Angelpunkt sind dabei die im Frühjahr startenden Arbeitseinsätze, die vom Unteroffizierskorps koordiniert und gestemmt werden. Immer samstags treffen sich dann die Schützen am Steinbült und legen los. So auch in diesem Jahr, in dem neben den normalen Grünpflegearbeiten unter anderem die Kompaniereviere der Dritten und der Vierten umgestaltet wurden. Außerdem wurden der Schützenplatz und die Schützenhalle mit WLAN und schnellem Internet ausgestattet, wofür Technik installiert und Kabel verlegt werden mussten. Beim letzten Arbeitseinsatz des Jahres geben die amtierenden Majestäten immer einen aus – ein Dankeschön für die Helfer, die mit ihrem Einsatz das inzwischen 150 Jahre alte Festgelände in Schuss halten.

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