Zuletzt aktualisiert am 18. Januar 2015
König mit blauer Krawatte
„Also jetzt dauerts“, vermutete Horst Steinkühler gestern Morgen um kurz nach 10 Uhr. Tatsächlich leistete der hölzerne Vogel im Kugelfang noch eine dreiviertel Stunde lang Widerstand, ehe er sich um 10.46 Uhr geschlagen geben musste. Gleich vier Aspiranten und damit so viele wie schon lange nicht mehr, kämpften um die Königswürde.
Zahlmeister Thorsten Riesenberg, Wolfgang Hanning und Thomas Vogt, auch sie hätten es werden können und wollen. Oder Ernst Möller, der vor 25 Jahren auf dem Thron saß und zwischenzeitlich eingriff. Möller folgerte jedoch ganz richtig: „Der letzte Schuss ist entscheidend.“
Den setzte unter dem Jubel der vielen Zaungäste nicht er, sondern Dieter Nowag. Seit 1981 ist der 49-Jährige Mitglied in der Oerlinghauser Schützengesellschaft und Teil der 1. Kompanie. „Ich habe mir erst am Samstagabend überlegt mitzumachen“, sagte Nowag, der nur zwei Häuser entfernt von der scheidenden Königin Anne Klostermeyer im Nonengrund wohnt.
„Meine Krawatte hat mir Glück gebracht“, vermutete der strahlende Regent. Oberst Reiner Köster hatte es sofort gesehen. Ein blauer Binder? Die Kleiderordnung war dahin, der neue König, mit dem im Vorfeld niemand gerechnet hatte, dafür auf dem Thron. Nowag bestätigte: „Ich bin immer für eine Überraschung gut.“ Und seinen grünen Schlips, den habe er frühmorgens einfach nicht finden können. Jochen Schneider höchstpersönlich sorgte nach dem goldenen Treffer und vor der Proklamation für Abhilfe.
Bereits am frühen Morgen hatte der scheidende König den ersten Schuss abgegeben. Gefolgt von der Bürgermeisterin, Landrat Friedel Heuwinkel, dem Bundestagsabgeordneten Dirk Becker und Oberst Reiner Köster. Mit dem 43. Schuss ließ Hans-Jörg Stisser die Krone um 8.45 Uhr purzeln. Fünf Minuten und neun Treffer später konnte sich Eike Kramer als neuer Zepterprinz feiern lassen. Nur einen einzigen Treffer brauchte danach der neue Apfelprinz Kristian Hoffmann.
Dieter Nowag wäre um einen Treffer bereits vor zehn Jahren König geworden. Nun, da es soweit war, wünschte er sich „ein Jahr mit viel Spaß und Freude“. „Muss ich gleich weinen?“, fragte Jochen Schneider, bevor er die schwere Amtskette an seinen Nachfolger weitergab. Musste er nicht. Stattdessen ging sein Dank für „ein wunderschönes und total entspanntes Jahr“ an Anne Klostermeyer und den gesamten Thron. Dieter Nowag hatte unterdessen eine Königin gefunden. Marion Krüger heißt sie, wohnt in der Marktstraße und genehmigte sich auf den freudigen Schreck erst einmal ein Zigarillo.
Quelle: Neue Westfälische